Keine Träume - 5 bis 9 (Amenteth Charaktergeschichte - Age of Conan)

~ fortsetzung ~

 

Teil 5

 

Ja. Ja, durchaus kommen hier viele Sklavenhändler entlang. Der Letzte war erst vor einigen Tagen hier und hat sich für die Reise nach Luxor mit Wasser und Nahrung eingedeckt.

 

Die Frau mit der sie sprach war gerade dabei ein totes Huhn zu rupfen und die Federn in einer Schüssel zu sammeln. Sie sah, als sie antwortete nicht von ihrer Arbeit auf und so interessierte es sie wohl auch nicht, wer dort mit ihr sprach oder warum.

 

„Vor einigen Jahren, das müssen jetzt mittlerweile 6 oder 7 Jahre her sein, kamen sicherlich auch Sklavenhändler hier entlang. Gab es da einen Händler der ein junges, stygisches Mädchen mit sich führte?“

 

Ihr stellt fragen. Hier kommen immer und immer wieder stygische, cimmerische, aquilonische Sklaven durch. Wie soll man sich da an ein bestimmtes stygisches Mädchen erinnern?

 

„Gibt es denn einen Sklavenhändler der immer noch dieser Arbeit nach geht und der oft hier entlang kommt? Einer der vielleicht auch vor diesen besagten Jahren bereits hier entlang gewandert ist?“

 

Davon gibt es viele. Und wenn ihr ein wenig wartet, einige Wochen vielleicht, dann werden sie sicher auch wieder hier entlang kommen. meinte die Frau mit einem spöttischen Unterton. Amenteth hatte wohl genug davon, weder angesehen, noch mit nützlichen Antworten versorgt zu werden und so trat sie in das Sichtfeld der Frau die dort hockte und ihrer Arbeit nachging. Diese konnte sicher nur ihre Füße betrachten, solange sie nicht aufsah, doch es reichte zumindest um sie einen Moment im Ausreißen der Federn zu unterbrechen.

 

„Ich will mir nicht wochenlang die Zeit damit vertreiben hier auf ein paar Sklavenhändler zu warten. Habt ihr Informationen die nützlich werden können oder nicht? Wenn nicht, dann werde ich euch nun in Ruhe lassen.“ Amenteth’s Stimme klang ruhig und keinesfalls so bedrohlich, wie es das auf die Frau zutreten hätte vermuten lassen.

 

Alle Sklavenhändler, die hier durch die Kawanserei kommen, reisen irgendwann Richtung Luxor. Sie haben alle eine feste Route, sonst würden sie sich hoffnungslos in der Wüste verirren. Wenn ihr also diese Sklavenkarawanen finden wollt, dann solltet ihr ebenso auf dieser Route reisen und euch nach Luxor begeben. Alleine werdet ihr wohl schneller sein als die Karawane mit Sklaven und sie schnell einholen. Vielleicht haben die dann ja die Antworten parat, die ihr sucht.

 

Amenteth trat einen Schritt von der Frau weg und nickte ihr knapp zu, ohne ein weiteres Wort an diese zu verschwenden. Wieder kostete es sie einiges an Zeit und Gold bis sie einen Mann gefunden hatte, der ihr die Route auf einer Karte einzeichnete und ihr dazu noch einige Beschreibungen für den Weg gab. Noch etwas mehr Gold als diese Information und die dazugehörige Karte kostete es sie, sich mit Wasser und Proviant zu versorgen. Die Reise würde einige Zeit in Anspruch nehmen, selbst wenn sie nicht die Dauer der Gespräche mit den einzelnen Sklaventreibern einberechnete. Und als der Abend dämmerte und die Nacht sich langsam über die Wüste zu legen begann, trieb sie ihr Pferd in den Sand hinaus, der Stadt Luxor entgegen.

 

 

Teil 6

 

Der Sand in der Wüste strahlte eine unglaubliche Hitze aus. Man konnte es selbst durch die Sohlen der Sandalen, oder der Stiefel hindurch spüren. Am Anfang war sie noch dem Styx gefolgt und hatte das Wasser beobachtet, wie es anfangs den Nachthimmel, dann die Morgendämmerung wiedergespiegelt hatte. Der Wind der vom Wasser ihr entgegen geweht war, war angenehm und die Tage die sie so neben diesem Fluss entlang geritten war, ohne einer der Karawanen zu begegnen, waren nicht ganz so trist durch den Anblick des Wassers gewesen. Irgendwann jedoch hatte sie auf ihrer Karte sehen müssen, das die Sklavenkarawanen sich vom Flusslauf trennten und den etwas kürzeren, direkten Weg bevorzugten. Den Weg, der sicher einigen Sklaven das leben kostete. Der Weg, der wenn auch nur kurz, ein Stück weit in die heißere Wüste führte, die kein Wasser und keinen Schatten darbot.

 

Am Ufer des Flusses konnte man immer wieder kleiner Fischerdörfer antreffen, doch wenn man weiter in die Wüste hinein gehen würde, gab es nichts mehr außer Felsen, Sand und Hitze. Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, wenn sie nicht das Risiko eingehen wollte, eine der Karawanen vielleicht zu verpassen, deren Weg nicht zu kreuzen.

 

Es waren nur ein paar Tage die sie sich durch die Hitze schlagen musste, dennoch war es schier unerträglich in der prallen Sonne zu reiten. Des Tages fand man keinen Schlaf wenn die Hitze einen zu verbrennen drohte, des Nachts konnte man nicht schlafen, weil es die einzige Möglichkeit war etwas schneller zu reiten ohne dass das Pferd an einer Überhitzung starb. Der Wind peitschte immer wieder die Sandkörner wie feine Rasierklingen über das Gesicht. Sandkörner selbst da, wo man sich hatte sicher sein können, das man die Stellen verdeckt hatte.

 

 

Die Luft flimmerte unter der heißen Wüstensonne auch an diesem Tag. Das Pferd schnaufte angestrengt unter jedem langsamen, mühsamen Schritt, den es machte, unter der Last die es zu der Hitze noch zu tragen hatte. Und der tiefe, feine Sand machte ihm die Schritte nicht leichter. Am Anfang erschien es mehr wie eine Schlange die sich durch die flimmernde Luft schlängelte, doch als der Wind mit seinen Sandkörnern einen Moment die Luft durchschnitt, erkannte Amenteth, das es keine der allgegenwärtigen Schlangen war, sondern eine Karawane. Keine besonders große und keine besonders schnell vorrankommende, aber eine Karawane, bestehend aus drei Kamelen und einigen Menschen die neben und hinter den Tieren liefen. Mit einem sanften Tritt in die Flanken ihres Pferdes trieb sie das Tier sachte an, etwas schneller zu gehen. Nicht zu schnell, doch schnell genug um die Menschen vor sich einzuholen.

 

Die Männe rund Frauen die hinter den Tieren herwanderten wirkten ausgezehrt und auch sie waren der Grund dafür, das die Karawane so langsam voran kam. Die Männer die dagegen neben den Tieren liefen und jene, die auf ihnen saßen, wirkten frisch und gesund. Der Mann auf dem vordersten Tier war zweifelsohne der Sklavenhändler der für die Qualen dieser Leute verantwortlich war, die sich nun mit nicht viel mehr als Lumpen an den Füßen durch den heißen Wüstensand schleppen mussten.

 

Als die Stygierin an den Wachen vorbei reiten wollte wurde sie mit misstrauischen blicken gemustert und als sie dann das gleiche Schritttempo aufnahm wie die Karawane selbst, zogen die Wachen ihre Waffen. „Reitet weiter, wir haben kein Wasser zu verschenken.“

 

„Ich will kein Wasser von euch. Ich will mit ihm reden.“ Während sie sprach zeigte sie auf das Kamel das vorweg wanderte und keinerlei Anstalten machte anzuhalten, auch wenn sie sich sicher war, das er ihre Worte vernommen haben musste. „Ein verdammt heißer Ort um zu reden, meint ihr nicht?“ schallte es von dem Führerkamel hinab zu den Wachen und der Frau auf ihrem Pferd. „Man nimmt viele Dinge auf sich, wenn man etwas bestimmtes will. Habt ihr einen Moment um mit einer Frau, die auf Reisen ist, zu sprechen?“ Meinte sie, die Wachen nun ignorierend zu dem recht fettleibigen Mann hinauf. „Eine Frau auf Reisen mitten in der Wüste und allein. Das ist etwas, das man nicht alle Tage sieht. Kommt zu mir, es langweilt mich ohnehin immerzu in die Wüste zu starren ohne etwas zu sehen außer dem verdammten Sand.“

 

Noch einmal trieb sie ihr Pferd an und begann sich seitlich vom Kamel des Sklaventreibers einzureihen. Sie hörte nur, wie die Wachen ihre Schwerter wieder in die Scheiden zurück schoben, ignorierte jedoch für den Moment die Gefahr, die ihr im Rücken lief. Mit weit ins Gesicht gezogener Kapuze, das die Sonne sie nicht direkt blenden konnte, sah sie in die Wüste hinaus. „Wie ich sehe treibt ihr Sklaven Richtung Luxur. Seid ihr die einzige Karawane, die diese Route benutzt?“

 

„Nicht die einzige, aber ich bin mir sicher, dass ihr das bereits wisst. Langweilt mich nicht, sonst könnte es schnell passieren, das ihr ebenso dort hinten am Ende der Karawane lauft, wie diese anderen wertlosen Seelen.“

 

„Ich bin auf der Suche nach einem Sklavenhändler. Einem Sklavenhändler, der vor einigen Jahren eine Sklavin aus der Provinz Kopshef mitnahm. Er wird sie wohl in der Nähe eines brennenden Hauses aufgegriffen haben.“

 

„Wisst ihr eigentlich wie oft das passiert? Ihr seid eine Närrin, wenn ihr glaubt mit so wenig Informationen einen bestimmten Händler zu finden“

 

„Nun, die Kleine wurde später auf dem Markt mit einer blonden Aquilonierin an eine Frau verkauft. Vielleicht bringt das mehr Erinnerungen zurück?“

 

„Nicht bei mir. Hätte ich so eine Sklavin gehabt, ich hätte sie behalten.“

 

Amenteth stutzte kurz, wollte aber wohl gar nicht erst nach den genauen Details fragen. Vielleicht hatte er simple oder aber perfide Gründe dafür. Es war einerlei für sie. Sie wollte Informationen von diesem Mann und nicht seine Gedankengänge verstehen lernen.

 

„Wisst ihr ob im Moment noch andere Sklavenkarawanen unterwegs nach Luxur sind?“

 

Er nickte. Amenteth sah es nicht, da sie das Gesicht dieses Mannes nicht genauer betrachten wollte. „Ihr habt Glück. In Luxur findet in ein paar Tagen eine der größten Sklavenversteigerungen des Jahres statt. Wenn der Händler den ihr sucht ein bekanntes Gesicht war, dann werdet ihr ihn dort sicherlich finden. Wenn er es nicht war, dann werdet ihr die Suche auch gleich abbrechen können, denn ein kleiner Mann überlebt nicht lange in diesem Geschäft.“

 

Der Mann richtete den Blick nun das erste Mal direkt hinab auf Amenteth und musterte sie einen langen Moment. Der Sklaventreiber war ein recht dicker Kerl. Sein Kinn stützte sich auf dem Fett an seinem Hals, das sich im Laufe der Jahre angesammelt hatte. Der Bauch von ihm war so enorm, das die kleine Stygierin sich sicherlich drei Mal darin hätte verstecken können. Als sein prüfender Blick auf ihr scheinbar lange genug gelegen hatte, machte er mit einem seiner recht aufgebläht wirkenden Hände eine Geste zu den Wachen, die immer noch ein Auge auf die Frau vor sich gerichtet hielten.

 

„Ich mache euch ein Angebot. Ihr könnt mit uns Richtung Luxur reisen. Freie Kost und auch Wasser bieten wir euch an. So entlastet ihr auch euer Pferd eine Weile. Übrigens ein sehr schönes Tier.“

 

Ein Schmunzeln schlich über die Lippen von Amenteth, verschwand aber sofort in einem ernsten und in die Ferne fixierten Blick, als sie das leise Scharren der Schwerter hörte, die wieder aus den Scheiden gezogen wurden. Sie spürte förmlich, wie das Pferd auf dem sie saß begann jede Faser und jede Sehne anzuspannen, als es wohl die Unruhe seiner Herrin bemerkte.

 

„Nein, danke. Wenn man eins lernt auf seinen Reisen, dann niemals einem zu freundlichen Mann mit Wachen im Nacken zu vertrauen.“ Und mit einem lauten, antreibendem Ruf und einem festen Tritt in die Flanken ihres Pferdes warf sie dem Händler und seinen Wachen etwas Sand entgegen, als das Tier wie vom Teufel getrieben begann davon zu jagen.

 

 

Teil 7

 

Es waren Tage vergangen. Tag ein denen sie den Styx wieder in Sichtweite bekam, Tage in denen sie einfach nur in langsamen Tempo voran geschritten war. Eine Nacht, in der sie eine Pause eingelegt hatte, um ihrem Pferd und auch sich selbst endlich einmal wirkliche Ruhe zu gönnen. In dieser Nacht hatte sie lange bei Jard gesessen und sich mit ihrem einzigen treuen Begleiter für diese Reise ‚unterhalten’.

 

„In Luxur werden wir uns ein Zimmer nehmen und dann wirst du auch einmal wieder einen Stall von innen sehen dürfen. Wenn wir weiterhin soviel Glück haben, dann werden wir in ein paar Wochen alles wissen und sehen, was wir brauchen, damit ich mich wieder an das meiste erinnern kann.“

 

Mit sanfter Hand und einem liebevollem Blick strich sie dem Tier über den Hals hinab. Es wirkte fast so, als würde sie auf eine Antwort des Tieres warten, auch wenn ihr wohl bewusst war, das dies nie eintreten würde.

 

„Die Ruinen waren ein guter Anfang. Es war als wenn in der ganzen Zeit die Erinnerungen wie Regen auf mich hinab gerauscht wären. Trotzdem weiß ich nicht genau was geschah an diesem Abend. Ich bin mir sehr sicher das es ein Sklavenhändler war, aber wirklich wissen kann ich es erst, wenn ich ihn vor mir sehe, oder wenn ich ihn irgendwie finde.“

 

Ein langer Moment des Schweigens trat dann ein in denen nur das Schnaufen des Pferdes und ihr leiser Atem zu hören war.

 

„Ich weiß nicht ob es gut ist, das ich mich langsam erinnere. Man beginnt Dinge erst zu vermissen, wenn man weiß was man eigentlich wirklich verloren hat. ... Ja, das gilt nicht nur für meine verdammten Erinnerungen. Ich habe das Gefühl, das ich am Ende dieser Reise nicht unbedingt zufriedener oder glücklicher sein werde, weißt du ... aber ich weiß dann zumindest, warum ich bin wie ich bin und was in meinem Kopf nicht stimmt, das ich so seltsame Dinge getan habe.“

 

Sie schlang für einen Moment die Arme um den Hals des Tieres. Der Hengst wehrte sich keines Wegs, schien es fast so, als wäre es daran gewöhnt so behandelt zu werden.

 

„Ich vermisse die anderen. Ich vermisse Sal. Ich bin mir sicher das sie auch gerne dabei gewesen wäre. Und Navar ... vielleicht hätte ich mich doch verabschieden sollen. Ich vermisse deinen Namensgeber... Ich glaube ihn vermisse ich mit am meisten.“

 

Sie schmunzelte kurz auf die Worte, doch war es eher eine wehmütige, fast traurige Geste, als das es wirklich hätte einem Lächeln gleichen können. Manches weiß man erst zu schätzen, wenn man es verloren hat..

 

 

Teil 8

 

Es war ein unglaublicher Anblick als anfangs die Pyramide aus der flimmernden Luft vor ihr auftauchte. Erst nur ein wabernder Schemen, wurde sie dann immer dunkler und überschattete mit ihrem Anblick alle Kleineren, die in ihrer Nähe standen. Es war noch ein weiter Weg nach Luxur, aber diese Pyramide am Horizont war der Leitfaden den wohl jeder Fremde nutze, der sich auf die Reise in diese Stadt machte. Immer wieder schwankte die Stygierin leicht, bei jedem Schritt den das Pferd machte und erst als sie die Stadtmauern Luxurs erkennen konnte, stieg sie von dem Pferd und lief das letzte Stück selbst.

 

Als sie sich den Stadttoren näherte erkannte sie die Menschenmassen vor dieser und befürchtete bereits nun weitere Stunden herum stehen zu müssen, doch war dem nicht so. Fremde aus aller Herrenländer standen bei den Wachen und immer wieder musste jeder einzelne etwas vorzeigen, das sie nicht genau erkennen konnte. Als sie fast durch das Tor hindurch gelaufen war, nur einmal kurz vor einer Wache die Kapuze heben müssend, gab es einen Aufruht hinter ihr. Ein scheinbarer Aquilonier versuchte von den Wachen davon zu rennen, in die Wüste hinaus. Amenteth folgte dem Mann mit dem Blick. Sein dunkles Haar war schweißnass von der Reise und die Taschen die er bei sich trug wirkten schwer, doch schien er so sehr daran zu hängen, das er sich nicht wegwarf, obwohl sie ihn am davonlaufen hinderten. Sein Umhang wehte noch einen Moment im Wind ehe ein Zischen ertönte, welches die Luft durchschnitt. Und so schnell wie der Fremde gerannt war, so schnell sank er auch zu Boden und landete schwer im sandigen Dreck.

 

Nur einen Augenblick herrschte Stille an dem Ort vor der Stadt, ehe der Lärm der Menschen wieder einsetzte und nur noch lauter wurde, als sich einige der Leute wie gierige Aasgeier über die Habseligkeiten des Mannes hermachten, dessen Blut nun langsam vom Sand verschluckt wurde. Amenteth’s Blick wanderte zu einer der Wache die noch im Begriff war ihre Armbrust wieder zu schultern und sich nicht weiter um den Toten scherte, sondern den nächsten Ausländer zu sich treten lies. Die Fremden waren eingeschüchtert und einige wussten vielleicht nicht, warum dieser Mann nun hatte sterben müssen, doch war Luxur, auch wenn es mehr Ausländer beherbergte als Khemi, keine Stadt für sie. Niemand durfte eintreten, wenn er kein Stygier war, oder nicht die Erlaubnis bekam.

 

Einen letzten Blick warf die kleine Styge auf den Leichnam der dort nun in der prallen Sonne lag. Wenn er glück hatte würde der Sand ihn so schnell begraben, das die Hyänen nichts mehr von ihm fanden. ...wenn er Glück hatte...

 

 

Als sie durch das Tor getreten war, konnte sie noch einen Moment nicht viel erkennen von der Stadt. Zu viele Menschen drängten sich um sie, die um einiges Größer oder aber schwerer bepackt waren als sie. Einige Meter weiter jedoch, als sich die ersten Straßen nach links und rechts ausbreiteten, wurde es für sie leichter etwas zu sehen.

 

Auf den ersten Blick erschien die Stadt nicht anders als Khemi selbst. Die Tempel, die Häuser, die Villen die sich vereinzelt abzeichneten. Doch wenn man genau hinsah, dann konnte man erkennen, das in dieser Stadt zu leben wesendlich angenehmer war, als es in Khemi je der Fall gewesen wäre. Die Straßen waren sauberer, die Häuser gepflegter, selbst die Luft schien angenehmer zu sein, obwohl die Stadt weit entfernt vom nächsten Meer und der damit verbundenen kühlen Brise war. In der Ferne zeichneten sich die Türme und Dächer der Tempel ab, oder die vereinzelten Palmen, die in den Gärten der Villen standen. Und selbst hier, konnte man die Mauer, die all dies umschloss, erahnen.

 

Geschäftigen Treiben herrschte an der breiten Straße die einmal vom Eingang der Stadt bis hin zum Zentrum führte. Links und rechts von ihr wanderten Männer und Frauen in feinen, oder aber auch einfachen Gewändern und gingen ihrem täglichen Treiben nach. In der Ferne hörte man einen Setpriester die Lehren des Schlangengottes verkünden während aus einer anderen Ecke der Ruf eines Händlers zu Amenteth drang. Irgendwann unter diesen ganzen Einflüssen die auf die kleine Frau hereingebrochen waren, war sie stehen geblieben und hatte sich begonnen nur noch umzusehen.

 

Die Stadt war riesig. Viel größer als sie es für möglich gehalten hätte. Sie kannte Tarantia und dessen Größe. Wusste, das es große Städte gab, aber diese, mit dem Schatten der Pyramide in der Ferne, war ihr so vertraut und dennoch so fremd im selben Moment, das sie einen Augenblick brauchte um alles wirklich bewusst in sich aufzunehmen.

 

Das Pferd an ihrer Seite, dessen Riemen sie fest in der Hand hielt wurde unter dem Menschengewusel langsam unruhig und riss die Stygierin so wieder in die Wirklichkeit und zeigte ihr wieder auf, das sie nicht zum Betrachten hierher gekommen war.

 

Mit suchendem Blick, Ausschau haltend nach einem Gasthaus, bewegte sie sich langsam durch die Straßen. Wich dabei immer wieder den Händlern und Lieferanten aus, die sich auf der Straße und in den Gassen ausbreiteten. An einer Hauswand dann entdeckte sie ein Plakat das, gezeichnet von einem Künstler, wohl einen Sklaven in Ketten darstellen sollte. Die Schrift die darauf stand konnte sie nicht lesen, also wartete sie einen Moment ehe ein Mann neben sie trat und ebenso wie sie das Plakat betrachtete. Mit einer kurzen Entschuldigung bat sie den Fremden ihr zu sagen, was denn auf dem Plakat stehen würde und dieser meinte zu ihr, mit einem recht herablassenden Tonfall, das es sich um eine der großen Sklavenversteigerungen handeln würde, die morgen am Hauptmarktplatz im Zentrum stattfinden sollte. Mit einem dankbaren Nicken entfernte sie sich dann von dem Mann und zog dabei die Kapuze wieder tief in ihre Gesicht, wohl um ihren Gesichtsausdruck zu verbergen. Manchmal, aber nur manchmal, war es nicht einfach ohne lesen zu können, durch diese Welt zu gehen.

 

Es verging sicherlich eine Stunde, ehe sie dann ein Gasthaus fand, in dem sie auch ihr Pferd in einem nebenliegendem Stall unterbringen konnte. Etwas besorgt sah sie, nachdem sie das angemietete Zimmer betreten hatte, in ihren Goldbeutel. Lange würde das bisschen Ersparte nicht mehr ausreichen und sie wusste nicht, wie lang diese Reise noch dauern würde. Auf kurz oder lang musste sie sich mit dem Gedanken anfreunden, wieder irgendwelchen Arbeiten nachzugehen, egal welche man ihr anbot. Sie mochte vielleicht nicht viel besitzen, aber zum Stehlen hinab lassen, wollte sie sich niemals, zumindest nicht, um etwas zu essen auftreiben zu können.

 

Ihr Blick wanderte durch den kargen Raum. Ein Bett, ein Stuhl an einem Tisch der unter dem mit Stoff verhangenen Fenster stand. Ein Schrank für ihre Kleidung und das andere Gepäck und eine kleine Kommode mit einer Schüssel und einem Krug in dieser. Hier würde sie vielleicht einige Tage, oder aber auch nur eine Nacht verbringen. Sicher sein konnte sie sich in der nächsten Zeit jedenfalls nicht, wie lange sie an einem Ort bleiben würde.

 

Teil 9

 

An diesem Abend hatte sie es sich in dem unteren Gesellschaftraum bequem gemacht und in einer Ecke, alleine mit ihrem zugegebenermaßen etwas billigen Wein an einen Tisch gesetzt. Ihr Blick war über die Anwesenden gewandert und hin und wieder war sie in alte Gewohnheiten verfallen und hatte den Gesprächen gelauscht, auch wenn sie hier in dieser Stadt sicherlich keinen Nutzen daraus hätte ziehen können, so kurz wie sie nur hier vor hatte zu bleiben.

 

Irgendwann am späteren Abend war ein Streit an einem anderen Tisch ausgebrochen und Amenteth hatte für einen Moment geglaubt, das sich nun die Ruhe in das reinste Chaos wandeln würde, als einige recht streitlustig wirkende Kerle sich bereits daran machen aufzustehen. Doch als einer der beiden Streithähne anfing schallend zu lachen, verflog das Knistern der Luft so schnell, wie es gekommen war. Etwas verdutzt jedoch musste sie wohl geguckt haben, als sie den Mann bemerkte, der sich während des Tumults ungefragt an ihren Tisch gesetzt hatte.

 

Ein Stygier mittleren alters. Sein Gesicht war kantig, seine Haut recht dunkel und die Augen wirkten schwarz wie die Nacht. Das Haar war kurz geschoren, doch zum Teil von einer einfachen weißen Wollhaube bedeckt. Die Nase war nicht groß, auch nicht verkrümmt wie bei vielen Männern, die oft in Faustkämpfe gerieten. Insgesamt wirkte er dennoch so, als könne er sich im Zweifelsfall durchaus wehren. Sein Mund war mehr ein schmaler Strich, der für einen Moment, da er ihren Blick wahrnahm, sich zu einem Schmunzeln formte.

 

„Wenn man eine hübsche Frau an einem Tisch ganz alleine sitzen sieht, dann macht man sich Gedanken darum, warum sie wohl so alleine ist.“

 

„IHR mögt euch Gedanken darum machen, bis gerade eben allerdings schien das hier sonst niemanden zu interessieren.“

 

„Mag sein das diese Bauern und Söldner sich nicht dafür interessieren. Die sehen ohnehin nur ihren Schnaps und die Weiber die um sie herum schwirren. Was führt euch in diese Stadt?“

 

„Was sagt euch, das ich nicht hier lebe?“

 

„Eure Kleidung ist noch voller Staub von der Reise, außerdem wirkt sie eher aquilonisch als wirklich stygisch und ihr tragt zwei Dolche an eurem Gürtel. Alles zusammen ergibt ein gutes Bild.“

 

Amenteth hob leicht, nur andeutungsweise eine Braue und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, so das der Fremde dieses wohl wenn überhaupt, dann nur noch schwer betrachten konnte. Der Mann hingegen legte seelenruhig die Hände auf den Tisch und faltete diese locker. Es wirkte fast, als wenn ein Vater beginnen wollte mit seiner Tochter ein ernstes Gespräch zu führen.

 

„Was wollt ihr?“ war eine recht schroffe und abweisende Reaktion von ihr auf seine Feststellung.

 

„Man erzählt, dass eine Frau sich über einen Sklavenhändler erkundigt hat. Irgendwie vermute ich, das ihr das seid.“

 

„Möglich. Sprecht schnell oder diese Unterhaltung ist beendet.“

 

Es mögen wohl viele Dinge gewesen sein, die Amenteth durch den Kopf gingen, als sie eine Hand fest um den Weinkelch schloss, der vor ihr auf dem Tisch stand, während sie die andere Hand zu ihrem Gürtel wandern lies. Vielleicht ungesehen für den Mann vor ihr, doch wirklich zu glauben war es nicht, das er so unaufmerksam war.

 

„Ich könnte euch sagen welcher Sklavenhändler das ist, den ihr sucht, allerdings nicht hier. Die Informationen die ich habe sind etwas spezieller und ich denke nicht, das es gut ist, wenn man das an einem Ort bespricht der so viele Ohren hat, wie dieser.“

 

Amenteth hob wieder den Blick ein wenig und sah knapp unterhalb des Saums der Kapuze zu dem Fremden hinüber. Sein Ausdruck wirkte neutral und alles in allem schien er es ehrlich zu meinen, was er dort von sich gab. Vielleicht hatte er Informationen die sie suchte und vielleicht war ihr gesamter Weg den sie im Moment ging von guten Zeichen gepflastert. Langsam lies die kleine Frau die Hand wieder von ihrem Gürtel zum Tisch wandern und legte kurz darauf auch diese um ihren Weinkelch.

 

„Wohin wollt ihr um zu reden, wenn nicht hier?“

 

„Nur ein Stück die Straße hinab. Ein kleiner Spaziergang, wenn ihr so wollt.“

 

„Wenn ihr einen Moment habt, hole ich nur meinen Mantel. Die Nächte in Stygien sind kalt und ich kann es mir nicht leisten auf dieser Reise krank zu werden.“

 

„Aber sicher doch.“ Meinte er dann mit einem leichten, ungezwungenen Lächeln und deutet mit einem freundlichen Nicken zur Treppe in die oberen Stockwerke.

 

Amenteth erhob sich schnell und lies den Weinkelch noch halbvoll auf dem Tisch zurück. Als sie die Treppe hinauf ging glaubte sie den Blick des Fremden im Rücken zu spüren, dennoch war sie nicht gewillt sich noch einmal herum zu drehen und zu ihm zu sehen.

 

Als sie die Zimmertür hinter sich schloss und den Riegel vor die Tür schob wanderte ihr Blick in dem Raum umher. Sie hatte ohnehin nicht viel bei sich und so riss sie förmlich die Schranktüren auf und schnappte sich die kleinen Tongefäße, ebenso wie ihren Umhang und die sehr kleine Armbrust, die sie hinten an ihrem Gürtel befestigte. Den Umhang warf sie sich über die Schultern und band ihn vorne zu, ehe sie schnell und fast etwas hektisch den Vorhang vor ihrem Fenster bei Seite riss.

 

„Die glauben wohl ich bin bescheuert.“ Knurrte sie mehr oder weniger vor sich hin als sie die Verschläge vor dem Fenster nach Außen aufstieß. „Ein Mann der auf einen zukommt und einfach so eine Information weiter geben will. Denken die ich bin eine naive Adlige die es nicht besser weiß?“ zischte sie förmlich in sich hinein als sie auf die Fensterbank kletterte und den Blick hinab in die Gasse richtete. Wenn sie Pech hatte, würde der Fremde bei ihrem Pferd im Stall warten und sie ging stark davon aus, das sie, wenn sie nicht schnell genug aus diesem Gasthaus kam, dieses Pech haben würde. Auf der anderen Seite war sie alles andere als gewillt, ihren einzigen Freund auf dieser Reise hier zurück zu lassen. Mit vorsichtigen Schritten wagte sie sich dann auf den Sims hinaus und presste ihren Rücken an die kühle Hauswand, während sie sich langsam Schritt für Schritt von der Sicherheit des Fensters entfernte...

 

~ fortsetzung folgt ~

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